W. Maleczek: Fragen der politischen Integration

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Titel
Fragen der politischen Integration im mittelalterlichen Europa.


Herausgeber
Maleczek, Werner
Reihe
Vorträge und Forschungen 63
Erschienen
Ostfildern 2005: Jan Thorbecke Verlag
Anzahl Seiten
619 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Eberl Immo

Die politische Integration wird als Begriff in der aktuellen Diskussion um die Gegenwart und Zukunft der Europäischen Union immer wieder erwähnt. In zwei Tagungen hat der Konstanzer Arbeitskreis 2002/2003 das Thema der «politischen Integration» in der Vergangenheit aufgegriffen. Dabei wurde das Handeln der Fürsten im Mittelalter untersucht, um zu klären, wie der Landerwerb durch Integration der Einzelteile abgesichert wurde. Der geographische Rahmen der vorliegenden Untersuchung reicht dabei von Skandinavien nach Süditalien und von den Britischen Inseln bis zum byzantinischen Reich in Kleinasien. Dabei wird der Zeitraum von der Karolingerzeit bis ins 16. Jahrhundert erfasst. In 19 Beiträgen und zwei Zusammenfassungen, wobei je ein Beitrag in englischer und französischer Sprache abgefasst sind, wird das Problem der «politischen Integration» aufgegriffen.

Werner Maleczek stellt die Frage der politischen Integration im mittelalterlichen Europa, während Heinrich Neisser die Perspektiven und Probleme derselben in der Europäischen Union abhandelt. Rudolf Schieffer untersucht die Einheit des Karolingerreiches als praktisches Problem und theoretische Forderung. Werner Goez erörtert die Integration Reichsitaliens zwischen 951 und 1220. Anton Scharer stellt Vielfalt und Einheit der angelsächsischen Königreiche dar, während John Gillingham die Integration im normannisch-angiovinischen Reich behandelt. Peter Schreiner untersucht Hauptstadt und Peripherie im Byzantinischen Reich. Hubert Houben geht auf die Entwicklung im normannisch-staufischen Königreich Sizilien ein. Ludwig Vones trägt dem Aspekt der staatsrechtlichen Beziehungen zwischen der Krone Aragons und dem Königreich Mallorca in der Entwicklung zwischen Emanzipation, Inkorporation und Integration Rechnung. Olivier Guyotjeannin geht auf die Integration der grossen Landerwerbungen der Kapetinger im 13./14. Jahrhundert ein, die in relativ kurzer Zeit hohe Anforderungen an die Verwaltung der damaligen Zeit stellte. Jürgen Miethke zeigt die Einheit als Aufgabe, wobei er die Integration aus der politischen Theorie der Scholastik heraus entwickelt. Christian Lackner zieht das Haus Österreich und seine Länder im Spätmittelalter für die dynastische Integration und regionale Identität heran. Franz Fuchs dagegen behandelt Formen und Strategie einer dynastischen Integration des Hauses Bayern im 15. Jahrhundert. Ivan Hlavácˇek zieht Böhmen unter den Luxemburgern, Stefan Tebruck Thüringen im wettinischen Herrschaftsbereich, Regula Schmid die Eidgenossenschaft der Schweiz und Wim Blockmans die burgundisch-habsburgischen Niederlande als Beispiele heran, während Dieter Girgensohn die Regierung von Venedig in Stadt, Festlandterritorium und Kolonien behandelt und Oliver Auge abschliessend die Kalmarer Union Skandinaviens als Integrationsmodell des Nordens hinterfragt. Martin Thumser und Heribert Müller stellen in ihren Zusammenfassungen Früh- und Hoch- bzw. Hoch- und Spätmittelalter dar.

Der Band behandelt die unterschiedlichsten Formen politischer Herrschaft. Das überaus breit gefasste Themenspektrum erleichtert die Darstellung erheblich. Die politische Freiwilligkeit in der Behandlung politischer Themen in der Gegenwart im Unterschied zu den behandelten Formen im Europa des Mittelalters zeigt den grössten und entscheidensten Unterschied auf, der aber in seiner Nachhaltigkeit er heutigen Diskussion prägenden Kraft erst durch die Veränderungen des 18./19. Jahrhunderts geschaffen wurde. Die mittelalterlichen Kräfte haben sich nachhaltig bemüht, die politische Integration zu erreichen, was in vielen Fällen auch gelang. Der Band gibt ein treffliches Bild der mittelalterlichen Entwicklung für den Bereich der «politischen Integration». Es wäre begrüssenswert, wenn sich die Politiker der Gegenwart mit diesem Band beschäftigen würden, um zu erkennen, dass viele Probleme der Gegenwart in ähnlicher Form schon im Mittelalter vorhanden waren, diskutiert und vor allem auch im Interesse der Bevölkerungen gelöst wurden.

Zitierweise:
Immo Eberl: Rezension zu: Werner Maleczek (Hg.): Fragen der politischen Integration im mittelalterlichen Europa (Vorträge und Forschungen, Band 63). Ostfildern, Jan Thorbecke Verlag, 2005. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 58 Nr. 3, 2008, 200 S. 362-363.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 58 Nr. 3, 2008, 200 S. 362-363.

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